29. September 2023

Umstellung unseres Kartoffelanbaus auf regenerative Landwirtschaft

Regenerative Landwirtschaft – was ist das?

In diesem Jahr haben wir unseren Kartoffelacker auf regenerative Landwirtschaft umgestellt. Doch was heißt eigentlich „regenerative Landwirtschaft“? Kurz gesagt: das Bodenleben berücksichtigen, fördern und einbeziehen. Unter Bodenleben versteht man das ganze Leben im Boden. Oftmals spricht man auch vom „Mutterboden“ oder „Mutter Erde“. Das ist in diesem Zusammenhang ein wunderschönes Bild, denn der Boden ist die Mutter unserer Ernährung, egal ob pflanzlich oder tierisch.

Boden ist aber nicht einfach nur „Dreck“, sondern ein komplexes und faszinierendes Zusammenspiel von zahlreichen Mikrolebewesen. Dieses „Bodenpersonal“ sorgt hoch arbeitsteilig dafür, dass die Pflanzen gesund und kräftig wachsen. Betreibt man regenerative Landwirtschaft, kümmert man sich um optimale Bedingungen für dieses Bodenpersonal. Man ist also so etwas wie die Personalabteilung, die  dafür sorgt, dass sich möglichst viele und vielfältige Bodenlebewesen ansiedeln, diese ungestört ihre Arbeit verrichten können und stets genug zu essen sowie eine gemütliche Wohnstätte vorfinden. So vermeidet man Streiks und Abwanderung zu anderen Arbeitgebern, um den Vergleich noch weiter zu strapazieren.

Das Bodenpersonal lebt in der obersten Humusschicht, die im Idealfall rund 5 % beträgt. Tatsächlich ist die Humusschicht vielerorts aufgrund der derzeitigen Produktionsweise in der Landwirtschaft auf bedenkliche 1-2 % gesunken. Leider auch auf unserem Kartoffelacker, wie uns die Albrecht-Bodenanalyse schwarz auf weiß beschieden hat. Und das, obwohl bei uns der Boden nach jedem Kartoffelanbau zwei Jahre lang mit einer insektenfreundlichen Blühmischung eingesät wird, deren Grünmasse dem Boden komplett zugute kommt. Um das zu ändern, haben wir uns eingehend mit dem Thema beschäftigt, und schlussendlich auch die Umstellung auf regenerative Landwirtschaft gewagt. Denn überspitzt dargestellt, sind unsere Böden nur noch 1-2% von der Wüste entfernt. Das ist nicht viel...

Zurück zum Bodenleben: Die Gesamtheit der Bodenflora (Pflanzenwelt) und -fauna (Tierwelt) bezeichnet man als Edaphon. Um die Vielfalt des Edaphons zu verdeutlichen, sei hier einmal aufgezählt, wer und was sich in den obersten 30 cm von einem Quadratmeter gesunden, humusreichen Boden so tümmelt:

  • 1 Billion Mikroorganismen / Bakterien
  • 500 Milliarden Geißeltierchen
  • 100 Milliarden Wurzelfüßler
  • 10 Milliarden Strahlenpilze
  • 1 Million Wimperntierchen
  • 1 Million Pilze
  • 1 Million Algen
  • 1 Million Fadenwürmer
  • 50.000 Springschwänze
  • 25.000 Rädertierchen
  • 10.000 Borstenwürmer
  • 300 Vielfüßler
  • 150 Kerbtiere
  • 100 Käfer
  • 100 Zweiflügellarven
  • 80 Regenwürmer
  • 50 Spinnen und Asseln

Seit mir diese Zahlen erstmals untergekommen sind, bin ich unglaublich beeindruckt von der schier unbegreiflichen Anzahl an kleinen Helferlein, die als perfekt arbeitendes Team dafür sorgen, dass die Pflanzen im Boden optimale Bedingungen vorfinden. Mittlerweile ist es mir ein Herzensanliegen, nach Kräften dafür zu sorgen, dass sie ihre segensreiche Arbeit unter besten Bedingungen durchführen können.

Umstellung auf regenerative Landwirtschaft - wie haben wir es gemacht?

Vorab: Unser Acker ist nicht riesig, aber deutlich größer als ein Kartoffelbeet im Garten: Wir bauen rund 13 ar Kartoffeln an. Um ein Bild zu haben: Es handelt sich um 41 Reihen von etwa 45 Metern Länge. Damit sind wir sehr kleinbäuerlich und müssen manches Mal improvisieren, weil sich ein entsprechender Maschinenpark bei uns niemals amortisieren würde.

Um Auskunft über den aktuellen Zustand unseres Bodens zu erhalten, haben wir gleich zu Anfang eine Albrecht-Bodenanalyse in Auftrag gegeben. Diese hat uns nicht nur Aufschluss darüber gegeben, welche Nährstoffe in unserem Boden vorhanden sind und wie groß die Humusschicht ist, sondern auch, welche Nährstoffe wir in welchem Umfang in den kommenden drei Jahren zuführen müssen, um von der Nährstoffversorgung her optimale Bedingungen zu erhalten.

Allein dieses Feld ist ein weites und zugegeben auch komplexes, in das wir uns in der nächsten Zeit noch weiter einarbeiten müssen. Deshalb möchte ich es an dieser Stelle erst einmal nicht weiter vertiefen.

Bevor ich erzähle, welche Maßnahmen wir bei der Umstellung unseres Kartoffelanbaus auf regenerative Landwirtschaft ergriffen haben, erst einmal eine Aufzählung dessen, was wir nicht (mehr) gemacht haben:

  • "klassische" / konventionelle Düngung mit sog. NPK-Düngern
  • Verwendung von Pestiziden zur Kartoffelkäferbekämpfung
  • Verwendung von Fungiziden gegen Krautfäule
  • Verwendung von Herbiziden gegen Unkraut / Beikräuter

In der Vergangenheit haben wir dezent mit NPK-Düngern und Patentkali gearbeitet und manchmal auch mit Kuhmist gedüngt. Wenn wir den Kartoffelkäfern mit Absammeln nicht mehr Herr wurden, haben wir auch mal ein Pestizid eingesetzt und bei Krautfäulegefahr mit einem Fungizid gegengesteuert. Statt Herbizide zu verwenden, haben wir das Unkraut (ich bevorzuge die Bezeichnung "Beikräuter", denn jedes Kraut hat seinen Sinn) schon immer von Hand ausgehackt. Und wenn die Kartoffelpflanzen nicht rechtzeitig zum optimalen Erntezeitpunkt von selbst abgestanden (dürr geworden) sind, haben wir es abgemäht statt totgespritzt.

Doch nun endlich zu den Maßnahmen, die wir durchgeführt haben.

Maßnahme 1: Kartoffelacker mulchen

Nach dem Auflaufen der Pflanzen, das heißt, wenn sie ihre Köpfchen so nach und nach aus der Erde gestreckt haben, haben wir den gesamten Acker gemulcht. Dafür haben wir eine unserer Wiesen gemäht, das Gras anwelken lassen, mit dem Ladewagen aufgeladen und zum Acker gefahren. Ausgebracht haben wir es in stundenlanger Handarbeit mit Schubkarre und Heugabel.

regenerative Landwirtschaft im Kartoffelanbau: Mulch ausbringen auf dem Kartoffelacker

Im kommenden Jahr werden wir mit Fahrgassen arbeiten, sodass wir für diese Arbeit auch den Miststreuer einsetzen können. Möglicherweise werden wir dann statt Heu auch Bokashi ausbringen, aber da sind unsere Überlegungen noch nicht ganz abgeschlossen.

Egal ob Mulch oder Bokashi, ein Grundsatz der regenerativen Landwirtschaft ist es, nackte Böden zu vermeiden. Bewachsene oder gemulchte Böden trocknen bei Sonneneinstrahlung nicht so schnell aus und Wind oder starke Regenfälle führen nicht zu einer Erosion der obersten Bodenschicht. Darüber hinaus führt die Mulchschicht den Bodenlebewesen nützliche Nährstoffe zu - ein bisschen wir ein fertig angerichtetes Buffet. Doch damit nicht genug: Auf gemulchten Böden wächst kaum Beikraut (das Hacken haben wir uns also in diesem Jahr erspart) und auch der Schädlingsbefall fällt geringer aus. Letzteres hat sich leider nicht wirklich bis zu den Kartoffelkäfern herumgesprochen, aber dazu später mehr.

Damit in der Mulchschicht aufgrund anaerober Prozesse keine Fäulnis entsteht, haben wir nach dem Mulchen einmal mit entsprechenden effektiven Mikroorganismen gespritzt.

regenerative Landwirtschaft im Kartoffelanbau: gemulchter Kartoffelacker

Maßnahme 2: Ausbringen von Komposttee

Was bitte ist Komposttee? Kurz gesagt: Ein Mikroorganismen-Booster für den Boden. Es gibt verschiedene Arten, Komposttee herzustellen. Allen gemeinsam ist, dass man Kompost in einem Stoffbeutel in Regenwasser hängt, damit sich die dort befindlichen Mikroorganismen im Regenwasser vermehren. Nach rund ein bis drei Tagen ist der Tee fertig, der Beutel wird entnommen und das Regenwasser wird über den Boden / die Pflanzen gegossen. Sobald ich die Zeit dazu finde, werde ich euch in einem extra Beitrag einfachere und etwas aufwändigere Rezepte für die Herstellung von Komposttee vorstellen.

Wir haben einen konzentrierten Komposttee unter Zuführung von Sauerstoff (mit einer Aquariumpumpe) hergestellt, den man vor dem Ausbringen 1:10 mit Regenwasser verdünnt. Für knapp 400 Liter auszubringenden Tee haben wir deshalb "nur" 40 Liter Konzentrat hergestellt. Ich habe meine Zutatenliste aus verschiedenen Rezepten zusammengestellt, sodass unser Komposttee unter Zugabe folgender Inhaltsstoffe besteht:

regenerative Landwirtschaft im Kartoffelanbau: Zutaten für dem Komposttee

Zutaten für 20 Liter Komposttee:

  • 20 Liter Regenwasser
  • 3 ml natives Pflanzenferment zur Pflanzenstärkung und -vitalisierung
  • 2 EL Urgesteinsmehl
  • 1/2 EL Meersalz
  • 3-4 EL Zuckerrübenmelasse
  • 5 ml Huminsäure
  • ca. 1 Liter Kompostgemenge im Stoffbeutel bestehend aus
    • Holzkompost bzw. Waldboden, am besten unter Buchen gesammelt
    • bester reifer Gartenkompost
    • Wurmkompost aus der Wurmkiste
    • 3 Pferdeäpfel
    • 1 -2 EL abgelagerter Hühnermist
    • grob zerkleinerte Wurzeln von 1-3 Spitz- oder Breitwegerich-Pflanzen

Bei ca. 24-28° C (ggf. mit Hilfe eines Aquarienheizstabs) etwa drei Tage stehen lassen und gut belüften (Aquariumpumpe). Für eine bessere Belüftung rühre ich jedes Mal mit einem großen Schneebesen kräftig um, wenn ich vorbeikomme. Die Mischung fängt schnell an zu schäumen. Sobald die Schaumbildung nachlässt, ist die Mischung optimal für das Ausbringen. Wartet man länger, sinkt die Anzahl der Mikroorganismen wieder.

Komposttee 1 : 10 mit Regenwasser verdünnen und ausbringen.

regenerative Landwirtschaft im Kartoffelanbau: Komposttee herstellen

Weiter oben habe ich bereits erwähnt, dass sich manche Maschinen bei uns nicht amortisieren und wir deshalb an der ein oder anderen Stelle improvisieren müssen. Jetzt sind wir an so einer Stelle angelangt. Wir haben zwar die Möglichkeit, eine Feldspritze zu borgen. Trotzdem bringen wir damit den Komposttee nicht aus, weil wir nicht sicher sind, dass die Düsen durch die Klümpchen, die sich durch die Zugabe von Kompost ergeben können, nicht doch einmal verstopfen würden. Deshalb kommen bei dieser Arbeit schlicht und einfach Gießkannen zum Einsatz. Aufgrund des Gewichts benutzen wir dafür Plastik-Gießkannen, obwohl wir Plastik eigentlich lieber vermeiden.

Für das Ausbringen füllen wir 40 Liter Komposttee und rund 350 Liter Regenwasser in Kanister / Tonnen und fahren das Ganze auf dem Autoanhänger zum Acker. Dort gießen wir jeweils 1 Liter Komposttee in eine 10-Liter-Gießkanne, füllen mit Regenwasser auf und rühren das Ganze einmal kräftig mit einem Holzstab durch. Danach joggen wir mit der Gießkanne eine Kartoffelreihe entlang, sodass die Kanne am Ende der Reihe (45 m) leer ist. Andere gehen ins Fitness-Studio...

Maßnahme 3: Ausbringen von Heutee

Heutee enthält (unter anderem) das Bazillus subtilis. Dieses wirkt vorbeugend gegen Krautfäule-Pilze. Krautfäule ist im Kartoffelanbau ein Problem, weil sie auch auf die Knollen übergehen kann. Es erschien uns nicht zielführend, in der Umstellung auf regenerative, also die Bodenorganismen mit einbeziehende, Landwirtschaft mit herkömmlichen Fungiziden (Pilze abtötende Mittel) gegen Krautfäule vorzugehen. Denn schließlich befindet sich im Mutterboden eine beträchtliche Anzahl von nützlichen Strahlenpilzen. Und unsere Maßnahmen bei der Umstellung auf die regenerative Bewirtschaftung zielten ja genau darauf ab, diese zu fördern.

regenerative Landwirtschaft im Kartoffelanbau: angesetzter Heutee

Im Gegensatz zum Komposttee haben wir den Heutee unverdünnt hergestellt, sodass wir für jede Behandlung insgesamt knapp 400 Liter davon "brauen" mussten. Dazu haben wir ca. drei 10-Liter-Eimer gutes, abgelagertes Heu in ein 180-Liter-Fass gegeben und das Fass dann mit Wasser aufgefüllt. Pro Spritzung (insgesamt haben wir vier Mal Heutee ausgebracht) haben wir zwei dieser Fässer  angesetzt und ca. einen Tag ziehen lassen. Allerdings war das Abgießen / Filtern des Heutees durch einen alten Deckenbezug sehr aufwändig.

regenerative Landwirtschaft im Kartoffelanbau: Heutee filtern

Deshalb haben wir das Heu ab dem zweiten Ansatz in einen alten Kissenbezug gefüllt, der quasi als Teebeutel fungierte. Pro Spritzung (insgesamt haben wir vier Mal Heutee ausgebracht) haben wir zwei Fässer Heutee angesetzt und ca. einen Tag ziehen lassen.

Außerdem haben wir dem Heutee dreimal Schafgarbenkaltwasserauszug beigemischt, der ebenfalls gegen Pilzkrankheiten wirkt. Ich hatte die Schafgarben bereits im Vorfeld gesammelt und getrocknet. Beim ersten Mal habe ich den Kaltwasserauszug noch extra hergestellt, indem ich die Schafgarben in einem extra Topf für 24 Stunden in kaltem Wasser angesetzt und danach dem Heutee beigemischt habe. Bei den folgenden Malen habe ich die Schafgarbenbündel einfach mit in die Kissenbezüge gegeben.

regenerative Landwirtschaft im Kartoffelanbau: Schafgarbenbündel für Schafgarbenkaltwasserauszug

Einer Heutee-Spritzung haben wir zusätzlich Zwiebelschalentee beigemischt. Zwiebel wirken ebenso wie Knoblauch und Schnittlauch desinfizierend und keimhemmend, weshalb sie gerne gegen Bakterien- und Pilzkrankheiten eingesetzt werden. Ich habe für den Zwiebelschalentee meine Zwiebelreste aus dem Vorjahr verbraucht, die ihren Zenit ohnehin deutlich überschritten hatten. Auch ein paar ältere Knoblauchzehen haben den Weg in den Tee gefunden. Grundsätzlich sammle ich das ganze Jahr über meine Zwiebelschalen, aus denen ich nicht nur Pflanzenschutzmittel herstelle, sondern auch Ostereier färbe.

Zur Herstellung von Zwiebelschalentee werden die Zwiebelschalen mit kochendem Wasser übergossen. Anschließend lässt man die Mischung auskühlen und seiht dann ab. Je nach Rezept / Mengenverhältnis Wasser : Zwiebelschalen wird der entstandene Tee verdünnt oder unverdünnt gegossen.

regenerative Landwirtschaft im Kartoffelanbau: Zwiebelschalentee

Wie beim Komposttee haben wir den Heutee nach Entnahme der "Teebeutel" (also Kissenbezüge) in Kanister gefüllt und dabei gleich durch ein Sieb gefiltert, um möglichst wenig Feststoffe mit abzufüllen, die später den Ausguss der Gießkanne verstopfen würden. Den fertigen Heutee haben wir auf den Acker gefahren, dort in Gießkannen gefüllt und pro Kartoffelreihe eine Gießkanne im Laufschritt ausgebracht.

regenerative Landwirtschaft im Kartoffelanbau: Der Heutee wird beim Abfüllen in Kanister durch ein Sieb geleert.

Maßnahme 4: Einsatz von Effektiven Mikroorganismen

Zusätzlich zum Komposttee haben wir das Bodenleben insgesamt drei Mal mit effektiven Mikroorganismen versorgt, d.h. gespritzt. Diesem Spritzmittel waren außerdem Calcium Carbonat, EM Keramik, Bio Molkepulver sowie verschiedene Mineralstoffe beigemischt.

Maßnahme 5: Kartoffelkäfer absammeln

Das ist die spaßbefreiteste Maßnahme und der König der Zeitfresser. Insgesamt rund 100 Stunden haben wir damit verbracht, die Kartoffelkäfer und deren Larven von Hand abzusammeln und die gelben kleinen Eier zu zerdrücken, wenn wir sie vor dem Schlüpfen der Larven an der Blattunterseite entdeckt haben. An manchen Tagen habe ich neun Stunden am Stück über die Kartoffelpflanzen gebeugt Pflanze für Pflanze und Reihe für Reihe durchgeforstet.

An dieser Stelle besteht auf jeden Fall Nachbesserungsbedarf. Das halten wir auf Dauer so nicht durch. Wie wir diese Arbeit in Zukunft vereinfachen, müssen wir noch entscheiden. Ich halte euch auf dem Laufenden.

Auch das Spritzen mit Urgesteinsmehl war eine mehr als mühselige Sache. Nicht so sehr, was den Zeitaufwand anbelangt, sondern eher in Bezug auf die körperliche Anstrengung. Das beständige Pumpen und Schütteln, an der Handspritze, damit das Mehl auch gleichmäßig und in angemessener Menge ausgebracht werden kann, hat mir tagelang Schmerzen im Ellbogen verursacht. Deshalb habe ich auch kein zweites Mal Gesteinsmehl gespritzt. Mein Fazit: Mit unseren Mitteln ist das Bestäuben mit Gesteinsmehl eher für punktuellen starken Befall geeignet, aber nicht für den gesamten Acker.

Ehrlicherweise muss man sagen, dass ich anfangs für das Absammeln der Käfer recht unökologisch mit dem Auto zum Acker gefahren bin - um Zeit bei der An- und Heimfahrt zu sparen, aber auch, um meine durch das ständige Bücken beim Käferabsammeln geschundenen Knochen nicht auch noch durch die An- und Abfahrt mit dem Fahrrad (einfache Fahrt 6 km und über 200 Höhenmeter) zu strapazieren. Mit der Zeit bin ich dann aber komplett auf das Fahrrad umgestiegen, weil ich es widersinnig fand, dass die ökologischere Bewirtschaftung des Ackers andererseits zu mehr CO2-Ausstoß durch die häufige Anreise mit dem Auto führt.

Die Ernte - hat sich der Aufwand gelohnt?

Das mit dem Lohnen ist bei unserer kleinen Nebenerwerbslandwirtschaft sowieso so eine Sache. Auf den Mindestlohn kommen wir in keinem Fall. Egal, ob nun regenerativ bewirtschaftet oder nicht. Wenn ihr den Artikel von Anfang an gelesen habt, dann ist euch auch klar, dass der zeitliche Aufwand, den wir in diesem Jahr betrieben haben, sich niemals auszahlt. Selbst wenn wir die Preise erhöhen, was wir moderat auch tun, steht der Aufwand in keinem Verhältnis zum finanziellen Ertrag.

Doch ob sich die Umstellung auf regenerative Landwirtschaft lohnt, bemisst sich für uns nicht nur am monetären Output. Der Zustand unserer Böden ist die Grundlage unserer Ernährung. Die Tatsache, dass die Humusschicht weltweit bei einem großen Teil der Böden bereits deutlich unter 5 % liegt, lässt nichts Gutes ahnen für die Zukunft unserer Nahrungsmittelerzeugung und -versorgung. Darüber hinaus ist der Verzicht auf klassische NPK-Dünger nicht nur ein Gewinn für die Pflanzenernährung, sondern auch mit enormen Energieeinsparungen verbunden, denn die Herstellung dieser Düngemittel bedarf großer Mengen an Energie, deren Erzeugung bisweilen auch alles andere als umweltfreundlich ist.

Der Verzicht auf Pestizide, Fungizide und Herbizide wiederum tut der Insektenwelt und den Bodenlebewesen gleichermaßen gut. Er führt außerdem zu gesünderen und biologisch erzeugten Lebensmitteln. So betrachtet, ist die regenerative und biologische Anbauweise auf jeden Fall ein ideeller und ökologischer Gewinn und eine sinnvolle Investition in die Zukunft. Man nennt es auch enkelgerechte Landwirtschaft. Ein Begriff, der mit persönlich sehr gut gefällt.

Zudem hatten wir dieses Jahr auffällig viele und vielfältige Insekten (nicht nur Kartoffelkäfer!) und Regenwürmer auf dem Acker - mehr als in den vergangenen Jahren. Das zeigt uns, dass die Maßnahmen Wirkung zeigen. Und mich hat es im Herz berührt, wenn bei der Arbeit auf dem Acker Schmetterlinge um einen herumflattern, Grillen ein fröhliches Liedchen zirpen, Spinnennetze in der Sonne glitzern, Feuerwanzen einen munteren Paarungstanz vorführen und Marienkäfer das Herz erfreuen.

Mit Blick auf die Kartoffelernte lässt sich sagen, dass die gemulchten Kartoffelpflanzen trockene Phasen deutlich besser überstanden haben als ohne Mulchschicht. Trotz dem Verzicht auf NPK-Dünger sind die Kartoffeln so groß wie selten - die Ernährung der Pflanzen über die Bodenlebewesen und mit den Nährstoffen aus der Mulchschicht hat also bestens funktioniert. Fast zu gut sogar, da uns etwas kleinere Kartoffeln (und dafür ein paar mehr pro Stock) lieber wären.

Unser Fazit:

Wir sind mit dem Ergebnis der Umstellung auf regenerative Landwirtschaft in unserem Kartoffelanbau zufrieden. Bereits im ersten Jahr haben wir eine Ernte eingefahren, die deutlich über der des zugegebenermaßen sehr trockenen und schwierigen Vorjahres lag. Der Aufwand allerdings ist vor allem im Bereich der Kartoffelkäferbekämpfung noch deutlich zu hoch. Da ist noch Luft nach oben, wie man so schön sagt. Im nächsten Jahr wollen wir durch das Einrichten von Fahrgassen mehr Arbeiten mit Maschinen erledigen. Ich werde weiter berichten, wie es bei uns mit der regenerativen Landwirtschaft im Kartoffelanbau weitergeht.

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