Zweitnutzen für versehentlich verfilzte Wollpullover:
Hüftschmeichler mit Unterrock
Kürzlich musste ich meinem Mann gestehen, dass ich einen seiner Wollpullover versehentlich geschrumpffilzt hatte (ein lustiges Wort für einen nicht allzu lustigen Vorgang). Weil mir das Wollprogramm meiner neuen Waschmaschine in diesem Fall etwas zu „lasch“ vorkam, ist besagter Pullover im Feinwaschprogramm gelandet. Fatale Fehleinschätzung!
Mein Mann hat’s mit Fassung getragen – es hätte ja auch wirklich schlimmer kommen können. Wer den Film kennt, auf den ich in der Überschrift anspiele, weiß wovon ich rede. Unser Kind ist jedenfalls gleich groß geblieben :-). Unglückliche Umstände regen meine Fantasie stets außerordentlich an, weshalb ich sofort nachdachte, was ich nun mit dem geschrumpffilzten (ich muss dieses Wort einfach noch einmal verwenden) Pullover machen könnte. Stichwort Upcycling, ihr versteht.
Zuerst dachte ich an eine Notebookhülle. Durch das Schrumpfen war das Material etwas fester und dichter geworden, also prinzipiell keine schlechte Idee. Allerdings habe ich für eine Notebookhülle gerade kaum Bedarf. Sie würde also die meiste Zeit nutzlos im Schrank liegen.
Da ich zurzeit verschiedene Nähanleitungen für Hüftschmeichler schreibe, hat es sich angeboten, den verunglückten Pullover dafür zu verwenden, noch eine Variante mit Unterrock zu nähen. Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass sich ein Hüftschmeichler aus diesem Pullover an der Kleidung hochschieben würde. Damit schlage ich gleich zwei Fliegen auf einen Streich: Der Pullover wird einer sinnvollen Weiterverwendung zugeführt und ihr bekommt noch eine Anleitung für einen eingenähten Unterrock. Ganz so gut wie das tapfere Schneiderlein bin ich damit zwar noch nicht, aber es geht ja gerade auch nicht um Fliegen.
Passende Stulpen gibt’s hier auch wieder dazu, aus den Ärmeln des Pullovers sind ja ratzfatz welche genäht.
Doch jetzt ganz von vorne und Schritt für Schritt:
Teil 1: Der Hüftschmeichler
Das brauchst du für deinen Hüftschmeichler mit Unterrock:
- alter Pullover zum Zerschneiden
- Futterstoff (ich habe das Futter eines alten Blazers genommen)
- Bündchenstoff
- Schere
- Maßband, Lineal
- Schneiderkreide
- Stecknadeln oder Stoffklammern
- passendes Nähgarn
- Nähmaschine, evtl. auch Overlock-Nähmaschine
Verschiedene Varianten für das Bündchen
Wie ihr die Maße für das Bündchen ermittelt, ob ein Bündchen mit oder ohne Gummiband oder wie ihr den Hüftschmeichler oben umklappt, um einen einfachen Tunnel für ein breites Gummiband zu erhalten – all‘ das erkläre ich euch → hier in der ersten Anleitung aus dem Hüftschmeichler-Quartett.
Ungeübten Näher*innen empfehle ich außerdem, die ganze Anleitung zum ersten Hüftschmeichler (→ hier) einmal in Ruhe durchzulesen, weil ich die einzelnen Schritte dort am ausführlichsten dargestellt habe.
Wie aus einem verfilzten Wollpullover ein Hüftschmeichler mit Unterrock wird
Schritt-für-Schritt-Anleitung
Schritt 1
Lege den Pullover, den du für das Projekt gewählt hast, faltenfrei vor dich hin. Schneide den Pullover direkt unterhalb der Achseln durch. Du kannst die Linie vorab markieren und solltest die Stofflagen aufeinanderstecken, damit sie beim Schneiden nicht verrutschen.
Schritt 2
Passe die Vorderseite des Hüftschmeichlers an, indem du sie leicht halbrund schneidest. Die Stecknadel sitzt hier am tiefsten Punkt in der Mitte ca. 2,5 cm tiefer als das rückwärtige Teil.
Normalerweise schneidert man das Rückenteil von Röcken und Hosen etwas höher. Dazu müsste man beim Zerschneiden des Pullovers in zwei Schritten vorgehen: Erst am Vorderteil einen geraden Schnitt zwischen den Achseln und dann am Rückenteil eine nach oben geschwungene Linie. Wenn dein Pullover etwas kurz ist, dann würde ich das so machen. Wenn die Länge aber ausreicht, dann ist es einfacher, den Bund am Bauch später etwas nach unten zu korrigieren (bei mir ist er in der Mitte ca. 2,5 cm tiefer). Am Ende kommt es aufs Gleiche raus: Der Hüftschmeichler ist hinten höher als vorne.
Schritt 3
So sieht der Hüftschmeichler aus, wenn das vordere Teil etwas tiefer geschnitten wurde.
Schritt 4
Als nächstes habe ich die Seitennähte Richtung Taille etwas enger genäht. Da der Stoff ziemlich dick ist, vermeide ich so, dass es später unterhalb des Bündchens etwas wulstig wird, weil zu viel Stoff zusammengerafft wird.
Schritt 5
So sieht der Hüftschmeichler von vorne aus, nachdem er seitlich in Richtung Taille etwas enger genäht wurde.
Da ich diesen Pullover versehentlich in der Waschmaschine verfilzt habe, erübrigt sich das Versäubern – da franst nichts aus. Entscheide individuell, ob du den Hüftschmeichler jetzt versäubern willst. Wenn du den Bund später mit der Overlock-Maschine annähst, wird er sowieso mit versäubert. Arbeitest du mit einer normalen Nähmaschine, ist jetzt die ideale Gelegenheit, den Stoff – wenn nötig – zu versäubern.
Im Folgenden zeige ich dir, wie du deinen Bund aus Bündchenstoff anfertigst. Wie du vorgehst, wenn du ein Gummiband einziehen möchtest, erkläre ich dir → hier.
Schritt 6
Schneide erst einmal das Bündchen in der Höhe zu.
Schritt 7
Am besten passt du die Weite direkt am Körper an. Nutze Sicherheitsnadeln, damit du dich beim Ausziehen des Bündchens nicht piekst. Mehr zur Weite des Bündchens kannst du → hier nachlesen.
Schritt 8
Schneide das Bündchen in der gemessenen Weite zu. Vergiss nicht je 1 cm Nahtzugabe an den Schnittkanten. Wenn das Bündchen wie hier im Ring liegt, gib einfach 1 cm neben den Sicherheitsnadeln zu.
Schritt 9
Falte dein zugeschnittenes Bündchen auseinander und nähe die kurzen Kanten an der Seite rechts auf rechts zusammen – entweder mit der Overlock-Nähmaschine oder mit dem Geradstich deiner Nähmaschine (alternativ: Dreifachgeradstich, hält besser) . Im letzten Fall bügelst du die Kanten nach dem Nähen auseinander.
Schritt 10
Halbiere jetzt das Bündchen in der Höhe links auf links (die schönen Seiten liegen außen). Wenn du eine Naht hast, lege diese an einen der Außenfalze. Markiere die Außenkante(n) ohne Naht mit Stecknadeln oder Stoffklammern, und zwar an der offenen Seite (die zeigt auf dem Bild nach oben). Lege die Markierungen mittig aufeinander und markiere wieder die Außenkanten. Jetzt hast du vier gleiche Teile.
Schritt 12
Jetzt überträgst du die Konturen deines Hüftschmeichlers auf das Futter. Schneide das Futter gleich lang zu wie den Hüftschmeichler. Wenn du das Futter am Saum später 2 cm umschlägst und festnähst, wird das Futter automatisch etwas kürzer und ist beim Tragen nicht zu sehen.
Achte darauf, dass das (nicht dehnbare!) Futter mindestens so weit ist wie dein Hüftumfang, eher sogar noch ein bisschen weiter, damit du den Hüftschmeichler bequem tragen und anziehen kannst. Ist dein Hüftschmeichler ziemlich eng, dann gebe beim Futter im Vergleich zum Hüftschmeichler seitlich jeweils ein paar Zentimeter zu. Orientiere dich bei der Zugabe an deinem locker und bequem gemessenen Hüftumfang, teile die Differenz zum Hüftschmeichler durch zwei und geben diesen Wert jeweils an den Seitennähten zu.
Schritt 13
Übertrage das rückwärtige Teil auf den Futterstoff.
Schritt 14
Anschließend überträgst du auch das vordere Teil und schneidest beide Teile zu.
Schritt 15
Versäubere den Saum (die untere Kante) beider Futterteile.
Schritt 16
Schließe nun die beiden Seitennähte des Futters. Lege die Teile dazu rechts auf rechts aufeinander und stecke sie sorgfältig zusammen, damit sich beim Nähen des rutschigen Futterstoffs nichts verschiebt.
Schritt 17
So sieht das nach dem Nähen aus. Da ich das Futter eines alten Blazers verwendet habe, konnte ich – wie man sehen kann – teilweise auf vorhandene Nähte und Bügelfalze zurückgreifen.
Schritt 18
Im nächsten Schritt schlägst du den Saum ca. 2 cm zur linken Seite um und steckst ihn fest. Einfacher wird es, wenn du den Falz vorab bügelst.
Da man das Futter nicht sieht, kannst du dir diesen Schritt auch sparen. Allerdings sollte der Saum dann auf jeden Fall gut versäubert und kürzer sein als der Hüftschmeichler, damit man das Futter beim Tragen nicht sieht.
Ganz Penible können den Saum auch zwei Mal umschlagen, dann sieht man die Versäuberungsnaht gar nicht mehr (und könnte sich selbige in diesem Fall sogar sparen).
Schritt 19
Teile den Bund (die Oberkante) des Futters in vier gleichmäßige Teile ein. Die Seitennähte sind die ersten zwei Fixpunkte. Lege diese mittig aufeinander und markiere dann noch die beiden Punkte, die rechts und links außen liegen. Das ist dann die vordere und die hintere Mitte.
Schritt 20
So sieht das dann aus.
Schritt 21
Den Bund deines Hüftschmeichler teilst du auf dieselbe Weise in vier gleiche Teile.
Schritt 22
Jetzt steckst du das Futter links auf links so in den Hüftschmeichler, dass sich die entsprechenden Markierungen (Stecknadeln) treffen. Achte darauf, dass die Vorder- und rückwärtigen Teile jeweils aufeinander liegen.
Ist dein Hüftschmeichler enger als dein Futter, dann stecke ihn mit weiteren vier Stecknadeln am Futter fest. Dehne dazu den Hüftschmeichler jeweils zwischen zwei Stecknadeln so lange, bis das Futter keine Falten mehr wirft, und fixiere die beiden Stofflagen in der Mitte mit einer zusätzlichen Stecknadel.
Schritt 23
Nähe nun die beiden Stofflagen zusammen. Ist das Futter weiter als der Hüftschmeichler, dann dehne diesen beim Nähen genau so weit, dass seine Länge zwischen zwei Stecknadeln genau der Länge des Futters entspricht.
Wenn Du mit der Nähmaschine nähst, dann wähle für diese Naht unbedingt einen Stretchstich. Wenn Du mit der Overlock nähst, zeige ich dir → hier, wie du die überstehende Naht einfach sichern kannst.
Schritt 24
Viertle den Bund erneut wie oben beschrieben. Stecke jetzt das Bündchen mit der offenen Seite nach oben auf die rechte Seite des Hüftschmeichlers, sodass sich die Viertelmarkierungen treffen. Hat das Bündchen eine Naht, so liegt diese in der hinteren Mitte. Dehne das Bündchen auf die Weite des Hüftschmeichlers und stecke die Teile zwischen den vorhandenen Stecknadeln mit vier weiteren Stecknadeln fest. Nähe das Bündchen mit einem Stretchstich oder der Overlock-Nähmaschine an den Hüftschmeichler. Dehne es dabei exakt auf die Länge des Hüftschmeichlers.
Tataa!
Fertig ist dein Hüftschmeichler mit Unterrock.
Schritt 1
Jetzt nimmst du den übrigen Teil des Pullovers mit den Ärmeln und schneidest diese parallel zum Ärmelbündchen in der gewünschten Stulpenlänge ab. Am besten probierst du sie kurz an, um die Länge und Weite zu kontrollieren. Sollten die Stulpen zu weit sein, nähst du sie an der Seitennaht etwas enger.
Schritt 2
Wenn nötig, versäubere die Schnittkante entweder mit der Overlock-Nähmaschine oder mit einem Zickzackstich deiner Nähmaschine. Auch hier gilt: Mit dem Dreifachzickzackstich zieht sich der Stoff nicht so leicht zusammen. Ich habe mir diesen Schritt hier gespart, weil das Material nicht ausfranst.
Schritt 3
Danach drehst du die Stulpen auf links und klappst die obere Kante saumbreit (ca. 2 cm) nach außen. Mit einem dehnbaren Stich nähst du den Saum fest: Bei dünneren Stoffen wähle ich den Stretchstich. Bei etwas dickeren wie diesen hier nehme ich gerne den Dreifachzickzack (z.B. mit Stichbreite 3,5 mm, Stichlänge 1,6 mm).
Ich habe den Saum der Stulpen mit Stoffklammern fixiert, weil man sie auf den Fotos besser sieht. Allerdings stülpst du die Stulpe zum Nähen über den Freiarm deiner Nähmaschine (eventuell musst du dazu das Zubehörfach abnehmen). Beim Nähen verhakeln sich die Stoffklammern aber sehr leicht, wenn sie um die Ecke des Freiarms laufen sollten. Das solltest du jedoch tunlichst vermeiden, weil der Stoff dann beim Nähen gedehnt wird (der Transporteur schiebt ja einfach weiter) und der Saum dadurch wellig wird. Deshalb rate ich dir, den Saum deiner Stulpen mit Stecknadeln zu fixieren.
Schritt 4
Wieder auf rechts wenden und
– nochmal tataa –
dein Set aus Hüftschmeichler mit passenden Stulpen ist fertig!