Heute stelle ich euch eine kostenlose Anleitung zum Erstellen eines Schnittmusters und Nähen eines Hüftschmeichlers aus Jersey vor. Die Anleitung ist auch für Nähanfänger geeignet. Nach zwei Upcycling-Hüftschmeichlern (ohne und mit Unterrock) wird es diesmal ein kleines bisschen anspruchsvoller, weil ihr erst noch das Schnittmuster erstellen müsst. Aber keine Angst, ich erkläre es euch Schritt für Schritt, sodass auch Einsteiger*innen gut damit zurechtkommen müssten.
Außer Jersey eignen sich natürlich auch alle anderen dehnbaren Stoffe. Wer den Hüftschmeichler beispielsweise zum Joggen (oder bei einer anderen Sportart) tragen möchte, der kann auch sehr gut auf Funktionsjersey zurückgreifen. Lasst, was den Stoff anbelangt, eurer Fantasie freien Lauf – oder schaut einfach, was euer Stofflager so hergibt. Ich habe mich diesmal für einen unifarbenen etwas festeren Jersey mit geringem Elasthan-Anteil entschieden, weil ich das Teil sehr gerne zu einer bunten Leggings tragen möchte.
Doch jetzt lasst uns loslegen und erst einmal Schritt für Schritt das Schnittmuster erstellen.
1. Zutaten für die Erstellung des Schnittmusters und den Hüftschmeichler
Das brauchst du für deinen Jersey-Hüftschmeichler:
- dehnbarer Stoff, z. B. Jersey
- Zeitungspapier, Stifte, Papierschere
- Maßband, Lineal, evtl. Geodreieck
- Schneiderkreide oder Stoffmarker
- Stoffschere
- Stecknadeln oder Stoffklammern
- passendes Nähgarn
- Nähmaschine, evtl. auch Overlock-Nähmaschine
2. Schnittmuster für deinen Hüftschmeichler erstellen
- Miss deinen Taillenumfang und teile ihn durch zwei. Das ist in der Zeichnung oben die grüne Linie zwischen den Punkten 1a und 1b.
- Halbiere diese Linie und zeichne in der Mitte eine Hilfslinie, die im rechten Winkel nach unten geht. Das ist in der Zeichnung oben die senkrechte grüne Linie in der Mitte.
- Miss den Abstand zwischen Taille und Hüfte (umfangreichste Stelle). Trage dieses Maß entlang der Hilfslinie nach unten ein. Genau an dieser Stelle zeichnest du im nächsten Schritt deinen halben Hüftumfang als waagerechte Linie ein.
- Miss deinen Hüftumfang und teile ihn durch zwei. Zeichne ihn an dem Punkt ein, den du im letzten Schritt entlang der Hilfslinie ermittelt hast, sodass die Hilfslinie genau in der Mitte deines halben Hüftumfangs ist. Das ist in der Zeichnung oben die grüne Linie zwischen den Punkten 2a und 2b.
- Überlege, wie lang der Hüftschmeichler von Bund bis Saum werden soll und trage dieses Maß ebenfalls entlang der mittleren Hilfslinie nach unten ein. Beginne mit dem Messen wieder an der oberen Linie zwischen 1a und 1b.
- Zeichne eine lange waagerechte Linie durch den im letzten Schritt ermittelten Punkt. Das ist in der Zeichnung oben die gelbe Linie ganz unten.
- Jetzt verbindest du auf der einen Seite die Punkte 1a und 2a und verlängerst die Linie, bis sie die untere gelbe Linie schneidet. Dasselbe machst du auf der anderen Seite mit den Punkten 1b und 2b. Das sind die Seitennähte deines Hüftschmeichlers.
- Damit du es beim Zuschneiden nicht vergisst, kannst du oben und an den Seitennähten noch + 1 cm Nahtzugabe (NZG) notieren. Am Saum (gelbe Linie unten) notierst du + 1,5 bis 2,0 cm NZG für den Saumumschlag.
3. Nähen deines Jersey-Hüftschmeichlers
Schritt 1
Zuerst legst du den Stoff in doppelter Stofflage vor dich hin und steckst das Schnittmuster darauf.
Schritt 2
Damit du beim Zuschneiden die Nahtzugaben berücksichtigst, kannst du sie mit Schneiderkreide einzeichnen. Beachte, dass die seitliche Nahtzugabe ab der Saumlinie wieder enger wird. Sonst hast du beim Nähen den Saums später Probleme, weil der hochgefaltete Teil einen zu großen Umfang hat.
Schritt 3
Jetzt schneidest du den Hüftschmeichler zu.
Schritt 4
Im zugeschnittenen Zustand siehst du deutlich, wie sich die Nahtzugabe am Saum verengt, damit der Umfang beim Hochnähen später stimmt.
Jersey franst nicht aus, du kannst dir also das Versäubern eigentlich sparen. Manchmal mache ich es aber trotzdem, weil es erstens mit der Overlock-Maschine ganz schnell geht, zweitens die Kanten etwas stabiler macht und drittens bei bereits vorgewaschenen Stoffen die Weiterverarbeitung erleichtert, wenn sich der Stoff einrollt.
Der Stoff, den ich hier genommen habe, hat nur einen sehr geringen Elasthan-Anteil, ist etwas fester und nicht vorgewaschen, rollt sich also an den Kanten nicht ein. Deshalb habe ich hier nicht extra versäubert.
Schritt 5
Entferne anschließend das Schnittmuster und falte eines (nicht beide!) der Teile mittig zusammen, sodass die mittlere Hilfslinie aus dem Schnittmuster der Falzlinie entspricht. Jetzt passen wir das Vorderteil an.
Normalerweise schneidert man das Rückenteil von Röcken und Hosen etwas höher, damit das Kleidungsstück hinten durch die Wölbung des Popos nicht kürzer wird. Eigentlich müsste man also die halbrunde Linie, die wir gleich am Vorderteil nach unten (konkav) einzeichnen, am rückwärtigen Teil genau in die andere Richtung machen (konvex). Dazu müsste man aber die Stoffteile einzeln zuschneiden. Da ich bei den Anleitungen für die Upcycling-Hüftschmeichler (Hüftschmeichler-Quartett 1 und 2) auch das Vorderteil nachträglich mit einer konkaven Linie angepasst habe (siehe → hier), habe ich es der Einheitlichkeit halber auch hier so beibehalten. Prinzipiell kommt es auch auf das gleiche raus – nachher ist hinten höher als vorne.
Bei mir liegt der tiefste Punkt der Linie ca. 2,5 cm unterhalb der ursprünglichen Bundkante. Wenn du dir nicht sicher bist, wie viel tiefer dieser Punkt bei dir liegen sollte, dann schaue bei einem gut sitzenden Rock in deinem Kleiderschrank nach, wie groß der Unterschied zwischen Vorder- und rückwärtigem Teil ist.
Schritt 6
Als nächstes zeichnest du eine leicht gerundete Linie von der Seitennaht bis zu einem etwas tiefer liegenden Punkt am Mittelfalz ein. Stecke den Stoff entlang der Linie, dass er beim Schneiden nicht verrutscht.
Schritt 7
Schneide nun das Vorderteil des Hüftschmeichlers entsprechend zu.
Schritt 8
Im nächsten Schritt legst du die beiden Teile rechts auf rechts aufeinander und steckst sie an den Seiten zusammen.
Schritt 9
Nähe die Seitennähte mit einem Geradstich (in diese Richtung wird ja nicht gedehnt, also ist kein Stretchstich nötig) oder der Overlock-Nähmaschine zusammen. Um die Kante am Saum sauber hinzubekommen, habe ich dort mit der Overlock-Maschine jeweils noch einmal frisch angesetzt.
Schritt 10
Stecke jetzt den Saum nach oben. An den Außenkanten siehst du dank der Ecke in der Seitennaht genau, wie weit du umschlagen musst.
Als nächstes müssen wir noch den Bund zuschneiden. Da ich nicht über lange Strecken total gerade schneiden kann, habe ich mir dafür auch ein Schnittmuster aus Zeitungspapier gebastelt. Der Bund wird genau so lang zugeschnitten wie dein Taillenumfang plus 2 x 1 cm Nahtzugabe. Bei einem Taillenumfang von 70 cm ist dein Bund also 72 cm lang.
Die Bundhöhe berechnet sich wie folgt:
- Miss die Breite deines Gummibands (z.B. 3 cm) und verdoppelt sie = 6 cm.
- Spielraum für das Gummiband = 1 cm.
- Zwei Mal 1 cm Nahtzugabe = 2 cm.
Bei einem 3 cm breiten Gummiband beträgt die Breite eures Bundes also 9 cm.
Schritt 12
Schneide den Bund zu und stecke die kurzen Seiten rechts auf rechts zusammen. Achtung! Lasse in der unteren Hälfte eine Öffnung für das Einziehen des Gummibands. Auf dem Foto siehst du die Öffnung zwischen den beiden Stecknadeln.
Wenn ich ein Kleidungsstück mit Gummiband am Bund nähe, dann mache ich dafür immer einen Tunnel, in den ich das Gummiband nach dem Fertignähen einziehe. Das hat drei Vorteile:
- Ich kann das Gummiband bei Bedarf unkompliziert enger nähen. (Passiert zugegeben eher selten, der Trend geht an der Taille tendenziell eher nach oben…)
- Sollte besagter „Aufwärtstrend“ in der Taille es nötig machen, kann ich das Gummiband relativ leicht durch ein etwas umfangreicheres ersetzen.
- Ausgeleierte Gummibänder (passiert mir bei Kinderklamotten ab zu zu) lassen sich auf diese Art auch recht unkompliziert austauschen.
Bei einem in den Bund eingenähten Gummi mag die Raffung etwas schöner sein, weil der Stoff ja gleichmäßig am Gummiband befestigt ist. Doch ein späteres Austauschen oder Ändern der Länge des Gummibands ist ungleich aufwändiger und findet im Zweifel dann gar nicht statt. In dieser Hinsicht ist die „Tunnel-Lösung“ nicht nur einfacher in der weiteren Handhabung, sondern auch nachhaltiger.
Schritt 13
Jetzt nähst du den Bund zum Ring. Achte darauf, dass du ober- und unterhalb der Öffnung für das Einziehen des Gummibands die Naht gut verriegelst.
Schritt 14
Falte nun die Nahtzugaben auseinander. Bügle sie oder streiche sie mit warmen Fingern gut auseinander, damit sie bei den folgenden Schritten auch so liegen bleiben.
Schritt 15
Anschließend faltest du den Bund der Länge nach links auf links und fixierst ihn mit Stecknadeln oder Stoffklammern.
Schritt 16
Markiere noch die hintere Mitte des Hüftschmeichlers mit einer Stecknadel. Lege dazu die beiden Seitennähte aufeinander – am Falz des höher geschnittenen Teils ist die hintere Mitte.
Schritt 17
Lege im nächsten Schritt den Hüftschmeichler so vor dich hin, dass die rechte Seite außen ist. Dann steckst du den Bund so an die obere Kante, dass die offenen Kanten des Bundes nach oben zeigen, die Naht mit der Öffnung für den Gummizug in der hinteren Mitte liegt und die Öffnung für den Gummizug nach außen zeigt.
Schritt 18
Das ist die Ansicht von hinten. Kontrolliere nochmals, dass der Schlitz für das Gummiband außen liegt. Nach dem Nähen und Hochklappen liegt er dann nämlich innen.
Schritt 19
Jetzt kannst du den Bund am Hüftschmeichler festnähen. Wenn du mit der Nähmaschine nähst, benutze hier unbedingt einen dehnbaren Stretchstich.
Wenn Du mit der Overlock nähst, solltest du diese Naht am Ende sichern. Ich zeige dir → hier, wie du das machen kannst.
Schritt 20
Klappe den Bund nach oben und steppe ihn, wenn du möchtest, unterhalb der Bundnaht von rechts noch einmal knappkantig ab. Durch das Absteppen fixierst du gleichzeitig die Nahtzugaben auf der Innenseite, sodass sie nach unten zeigen.
Schritt 21
Schneide anschließend das Gummiband in einer dir angenehmen Länge plus insgesamt ca. 4 cm Nahtzugabe ab. Miss am besten direkt am Körper, aber über der Kleidung, über der du den Hüftschmeichler später tragen willst. Fixiere zuerst das eine Ende außerhalb der Tunnelöffnung mit einer Sicherheitsnadel und ziehe dann das andere Ende mit einer großen Sicherheitsnadel durch den Tunnel.
Schritt 22
Nähe nun die beiden Enden zusammen. Kontrolliere vorher noch einmal, dass das Gummiband nicht verdreht ist. Die Überlappung der Enden muss so groß sein wie die gesamte Nahtzugabe, also bei 4 cm Nahtzugabe insgesamt beträgt die Überlappung ebenfalls 4 cm. Zum Zusammennähen nähst du ein Rechteck entlang der Außenkanten und der Gummizugenden. Ich habe es mit rot genäht, damit du es besser siehst.
Schritt 23
Zum Schluss ziehst du das Gummiband vollends in den Tunnel und verteilst den Stoff gleichmäßig.
Tataa!
Fertig ist dein Jersey-Hüftschmeichler mit selbst gemachtem Schnittmuster.